„Die Arbeit läuft Dir nicht davon, wenn Du Deinem Kind einen Regenbogen zeigst. Aber der Regenbogen wartet nicht, bis Du mit der Arbeit fertig bist.“
Dieser chinesische Spruch spiegelt treffend den Zeitgeist unserer Gesellschaft wider: Aktivität und Leistung nehmen einen sehr hohen Stellenwert ein. Alles muss schnell gehen, wir sind ständig in Bewegung, denn die Zeit ist knapp und will gut genützt werden. Berufliche und private Performance sind gefragt, die Familie möchte auf ihre Rechnung kommen, die Freunde dürfen nicht vernachlässigt werden, und regelmässiger Sport gehört dazu. Unsere Ansprüche an uns selbst sind dabei mindestens ebenso hoch wie die unseres Umfelds.
Im Versuch, möglichst viel in 24 Stunden reinzupacken, vergessen wir oft, auf uns selbst und unsere Bedürfnisse zu achten. Die innere Stimme, die zum Leisertreten mahnt, wird auf lautlos geschaltet. Irgendwann geht einem dann die Luft aus. Energie- und Antriebslosigkeit stellen sich ein, man fühlt sich ausgebrannt, ziel- und orientierungslos. Gefühlsleere, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen und andere körperliche und seelische Beschwerden zeigen an, dass das Leben aus der Balance ist.
Wer nun meint, die Lösung läge in einem effektiveren Zeitmanagement, irrt. Noch mehr Disziplin, Struktur und Planung können den subjektiven Druck sogar noch erhöhen. Vielmehr ist es notwendig, sich mit seinen eigenen Wünschen und Werten auseinanderzusetzen. Denn wir Menschen fühlen uns immer dann in Balance, wenn es uns gelingt, unsere eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und diese im Alltag zu berücksichtigen. Wobei die Erfüllung für jeden anders aussehen kann: Der eine findet Befriedigung im beruflichen Erfolg, für den anderen liegt der Sinn des Lebens in der Zeit, die er mit seiner Familie verbringt. Der eine liebt die Unabhängigkeit und macht sich selbstständig, der andere macht sich vielleicht mit einem Rucksack auf, um die Welt zu entdecken.
Jeder wird auf seine Art und Weise glücklich. Der Regenbogen verkörpert, wenn man so will, mit seinen wunderschönen Farben unsere einzigartigen Wünsche und Bedürfnisse. Von Zeit zu Zeit tut es gut, innezuhalten und sie zu betrachten.
Erschienen in: Liechtensteiner Monat 03/2016, Werdenberger 03/2016